Herrlingen entstand unterhalb der Burg Hörningen, die um 1100 über dem Lautertal erbaut wurde. Nach einer wechselvollen Geschichte kam Oberherrlingen Ende des 14. Jahrunderts an die Familie Freyberg zu Bach, die es 1483 an die Herren von Bernhausen verkaufte. Sie bauten in der Folgezeit ein kleines Herrschaftsgebiet auf, das Herrlingen und Klingenstein umfasste und befanden sich von 1665 bis 1803 sogar im Stand nach Reichsfreiherren. Sie residierten in dem repräsentaiven Schloss, das Dietrich von Bernhausen 1588 erbauen ließ.

Auch nach dem Übergang an das Königreich Württemberg blieb Oberherrlingen bis 1839 im Familienbesitz , kam dann an die Familie Maucler und ist seit 1921 in Privatbesitz. Noch heute erinnert das schöne restaurierte Schloss mit der etwas oberhalb gelegenen, 1708 erbauten Wallfahrtskapelle Maria Hilf an die herrschaftliche Zeit Herrlingens, als die Schlossherrren Wohl und Wehe der Gemeinde besimmten.

Kleine Häuser säumen den Weg im Tal, wo sich Herrlingen um drei Zentren gruppierte: einmal um die "obere Mühle", dann um die Andreaskirche, schließlich um den Gasthof "Kreuz", als größte Brauerei der Gegend an der alten Fernstraße Ulm - Straßburg gelegen. Die mächtige Andreaskirche zeigt noch heute die einstige Bedeutung Herrlingens als kirchlicher Mittelpunkt für die umliegenden Gemeinden. Die Kirche entstand 1816 anstelle der alten Vorgängerkirche. König Fiedrich von Württemberg ließ einen Neubau aufführen, der als einmaliges Beispiel der klassizistischen Epoche in unserer Gegend besondere Aufmerksamkeit verdient.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich an dem von einer bescheidenen Landwirtschaft, von Handel und Gewerbe bestimmten Leben der Gemeinde wenig geändert. Als dann in den 40er Jahren der Ulmer Messingfabrikant Philipp Jacob Wieland in der "oberen" und der "unteren" Mühle moderne Zweigwerke errichtete, die bis 1902 bestanden, begann eine neue Phase der Geschichte Herrlingens. Dabei wurde zunächst die Wasserkraft der Lauter und später die Kalksteinvorkommen des weißen Jura genützt. Das 1904 erbaute Terrazzowerk Schwenk, heute zu einer Schweizer Unternehmensgruppe gehört, dokumentiert in anschaulicher Weise, wie das "Ulmer Weiß" das Tal der Blau veränderte.

Die Eisenbahn und die Eröffnung des Bahnhofs 1868 forcierten nicht nur die industrielle Entwicklung, sie brachten auch Tausende von Ausflüglern nach Herrlingen, die von hier aus die landwirtschaftlichen Schönheiten der Gegend erkundeten und sich dann dem Teil des Herrlinger Wirtschaftslebens widmeten, der sich vornehmlich im "Kreuz", im "Rössle", im "Lamm" oder in der Bahnhofrestauration abspielte. Dort fanden sich auch die Herrlinger Gesellschaften und Vereine zusammen. Denn, wie anderswo auch, boten diese im 19. Jahrhundert so bedeutend werdenden Organisationsformen für jeden etwas. Zur gegenseitigen Hilfe fand man sich bei der Feuerwehr zusammen; die Erinnerung an das gemeinsame Fronterlebnis 1870/71 und der Nationalgedanke wurde im Krieger- und Veteranenverein gepflegt; die Liebe zum Gesang führte zur Gründung der "Concordia", die Wanderfreunde fanden sich im "Schwäbischen Albverein" zusammen, der speziellen körperlichen Ertüchtigung diente der 1897 gegründete Turnverein. In einer schon demokratischen Zeit folgten 1921 die Schützengesellschaft und 1922 der Musikverein "Cäcilia". In all diesen Vereinen wurde, natürlich mit dem notwendigen Ernst die heitere Geselligkeit gepflegt, Theater gespielt, kurz: das kulturelle Leben der Gemeinde bereichert - eine Gemeinde, die um die Jahrhundertwende zunehmend zur Sommerfrische Ulms avancierte.

So entstand auf halber Höhe des Blau- und Lautertales eine Villenkolonie. Herausragend bis heute die "Villa Lindenhof" , repräsentatives Beispiel eines Jungendstielbaues, den sich der Vabrikant Wieland 1905 von dem Münchner Architekten Richard Riemerschmid errichten ließ. In einigen der Häuser wurden seit 1912 jüdische Landerziehungsheime eingerichtet.

Besondere Bedeutung erlangte das von Anna Essinger geleitete erste reformpädagogische Landschulheim Würrtembergs, das in der NS-Zeit nach England verlegt wurde und dort vielen verfolgten jüdischen Kindern Zuflucht bot. In einem früher zur Schule gehörenden Haus wohnte 1944 Generalfeldmarschall Erwin Rommel, der wegen seiner kritischen Haltung Hitler gegenüber zur Einnahme von Gift gezwungen wurde und auf dem Herrlinger Friedhof seine letzte Ruhestätte fand. Das Haus an der Erwin-Rommel-Steige befindet sich heute in Privatbesitz, eine Gedenktafel erinnert an eine unheilvolle Epoche unserer Geschichte, die sich hier in ganz persönlichen Schicksalen erfahren lässt.

Im Jahr 1920 war der Auf der Höhe gelegene Weiler Weidach nach Herrlingen eingemeindet worden. Landwirtschaftlich geprägt, hat der Ort bis heute seinen ländlichen Charakter bewahrt. Traditionen werden dabei vor allem von der Vereinigung der Landfrauen gepflegt. Ein mittelalterliches Sühnekreuz, mehrere Wegkreuze sowie die St.-Wendelins-Kapelle erinnern an die kirchliche Vergangenheit und das religiöse Empfinden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg vergrößerte sich die Gemeinde durch den Zuzug von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen. So wurden seit den 50er Jahren neue Wohngebiete ausgewiesen, zunächst im Tal, mit dem Wohngebiet "Birkebene" auch auf der Höhe. Herrlingen, das ja mit dem Bahnhof, dem Postamt und anderen Bauten eine wichtige Dienstleistungsfunktion auch für die Albgemeinden hatte, wäre natürlich gerne eigenständig geblieben. Doch 1975 erfolgte im Zuge der Verwaltungsreform die Eingemeindung nach Blaustein.